“Sind Sie der Kartoffelräuber?!
Mit diesem Satz wurde Wolfgang einmal spätabends vom Bauern auf dem Feld bei Offenbach gefragt, was er denn da täte. Die Antwort ist ganz einfach: „A Whiter Shade of Pale“ spielen, auf der Gitarre. Im Feld wäre es so schön still, und damit konnte sich dann auch der wütende Bauer wieder abfinden. Wie auch nicht, bei Wolfgangs zartem, unschuldigem Gemüt. Er war gern draußen unterwegs, und ist durch Felder und Wiesen, von Offenbach bis Mainz gewandert.
Er liebte Tankstellen (so spannende, unterschätzte Orte mit Ruhe zum Schreiben) und die Minions, schrägen Humor, MUSIKmachen und Weitergeben, und liebe Menschen an seiner Seite.
Ihr seid herzlich eingeladen, eure Erfahrungen und Momente mit Wolfgang im Kleinen und Großen hier zu teilen: Schreibt uns in die Kommentare, oder sendet uns einen längeren Text, den wir als Beitrag posten.
Und hier der offizielle Teil, wer Wolfgang noch nicht kennt (muss man gekannt haben): Wie alles begann.
Erinnerungen: Dorothea und Willi
In Oktober 2018 haben wir, Dorothea und Willi, eine Reise in Wolfgang’s Sehnsuchtsheimat Burgund unternommen.
Er war der festen Überzeugung, dass seine Vorfahren als Hugenotten aus Frankreich vertrieben worden sind.
Deshalb hat er alles um sich herum mit seinem Enthusiasmus und Erstaunen aufgenommen.
Erinnerungen: Schwester Christiane
Wolfgangs Schwester Christiane mit einer bewegenden Rede auf dem Gedenkkonzert in Heusenstamm:
Ein Auszug daraus:
“Der Tag, als mein Bruder starb, hat definitiv etwas beendet in meinem Leben, aber hat auch eine ganze Welt eröffnet für mich. Eine Welt, von der ich wusste, dass sie da ist, die jedes Weihnachten bei uns zur Tür reinkam in Form von: Keksen.
Und zwar mannigfaltige Kekse, die die Schülerinnen und Schüler gebacken hatten für meinen Bruder. Es waren so viele, dass er ein ganzes Jahr davon hätte essen können, deshalb haben wir sie bekommen. Das heißt, den ein oder anderen haben wir in Form eines Kekses schonmal bei uns zuhause zu Gast gehabt.
Mein Bruder hatte mir eine Liste hinterlassen (…) und auf dieser Liste standen Namen von Freunden. (…) Und so hab’ ich mich am Tag des Todes daran gemacht, diese Menschen anzurufen (…). Es stellte sich raus: Viele von ihnen hatten ihn noch besucht an dem Tag davor, (…) es muss ein Kommen und Gehen gewesen sein, insofern möchte ich mich herzlich bedanken für alle, die da waren für ihn, über die Jahre, in den letzten Wochen ganz besonders.
Das musikalische Erbe liegt uns auch sehr am Herzen, dass wir es aufbewahren wollen. Ich bin damit aufgewachsen. Ich kann ein Sibelius-Stück komplett auswendig, die erste Note bis letzte Note. Einer seiner Freunde hat es bei uns gespielt auf der Trauerfeier.
Und ich glaube, der bitterste Moment in seinem Leben war der, als er begriffen hat, dass er nie wieder würde unterrichten können. Weil neben dem Schreiben von Musik, dem Musizieren, dem Komponieren, dem Hören von Musik, dem Sprechen über Musik waren die Schülerinnen und Schüler das, was ihn am Meisten getragen hat all die Jahre. (…)
Wie viel dieser Ort Heusenstamm ihm bedeutet hat, das ist ganz sicher an einer Sache messbar, zumindest für mich – auch ich bin von meinem Bruder musikalisch erzogen worden, hab’ Beatles hoch und runter gehört und gesungen – es gab ein weißes Buch mit (…) Beatles-Texten, ich hab’s gesucht, bei uns zuhause, in seiner Wohnung, ich hab’s nicht gefunden, ich hab’s heute Nachmittag gefunden, es war hier. (…)”
Den Artikel zum Gedenkkonzert findet ihr hier. (Stand: 10.02.24)
Erinnerungen: Isabel (Nichte)
“Sind Sie der Kartoffelräuber?!” das ist einer DER Sätze, wenn ich an meinen Onkel denke. Es ist für mich einer von vielen Schmunzelmomenten.
Onkel Wolfgang war schon immer ein Unikat: Mit seinen Neffen spielte er Mensch-ärger-dich-nicht, und ehe sie sich versahen, waren alle Utensilien drumrum fantasievoll mit einbezogen; die Deko-Hühner und der selbstgetöpferte Drache von der Fensterbank. Die Regeln: immer Anarchie, meistens nach Gefühl, und mit viel Herzblut.
So hat er auch seine Liebe zur Musik mit onkeligem Rat verbunden. In Krisenmomenten hat er fast immer eine Anekdote aus der Musikwelt parat gehabt. Wie die Beatles in einem düsteren Kellerlokal angefangen haben, und wie die besten Songs in den unglaublichsten Momenten entstanden sind. „Nie die eigenen Songs unterschätzen“, hat er immer gesagt, und an sich glauben wäre wichtig.
Das hat mir viel Kraft gegeben, und die Begeisterung, mit der er meine ersten veröffentlichten Geschichten begleitet hat, war sehr mutmachend. Mit seiner Fantasie hat er außerdem aus meinem damaligen Wohnort im Saarland „Wurpstown“ gemacht, in dem fantastische Wesen wohnen, vor denen man sich in Acht nehmen muss. Das war ein Running gag und wie Wolfgang so war, hat er ihn mit Begeisterung jahrelang weitergetrieben.
Lieber Wolfgang, ich hätte dir noch so gerne so viel mehr Geschichten erzählt und mit dir ausgetauscht, und ich bin dankbar, dass du mich auf den ersten Stationen in meinem Leben so begleitet hast. Ich hoffe, du bist gut „rübergekommen“ und sende dir eine Umarmung auf die andere Seite.
In Liebe, deine Nichte Isabel